Postmigrantische Erinnerungskultur

Derzeit erlebt die deutsche Erinnerungskultur einen Umbruch. Angesichts der immer offensichtlicheren Versuche der Holocaustrelativierungen durch Nationalisten und Querdenker muss meines Erachtens die Erinnerungskultur neu formuliert werden. Nicht spalterisch und exklusiv, sondern für alle Menschen hierzulande, unabhängig von Abstammung oder Religion.

Einige meiner Online-Beiträge dazu:

10.5.2022 – ZEIT

Geschichtsunterricht von den Deutschen

„Auch wenn Anne Will die Frage nicht explizit gestellt hatte, stand sie im Raum: Was bedeutet die Geschichte des Zweiten Weltkriegs für deutsche Politik im Ukraine-Krieg?“

26.1.2022 – FAZ

Wer hat Anne Frank verraten?

„Spoiler: Entgegen dem Versprechen der Autorin bleibt eine endgültige Antwort auf die Frage des Verrats auch nach der Lektüre der knapp vierhundert Seiten noch aus. Aber das Buch ist mehr als ein PR-Coup.“

7.1.2022 – FAZ

Sammlerin von Freundschaften

„Trude Simonsohn war eine Überlebende. Doch sie wollte mehr sein als nur davongekommen. Ihr Widerstand, ihre Hartnäckigkeit, ihr Humor, ihr Wille zum Leben waren stets auch Zeugnis dafür, dass die Täter sie auch als Menschen nicht haben brechen können. Wer die Hochbetagte auf ihren täglichen Spaziergängen im Frankfurter Grüneburgpark erleben konnte, bewaffnet mit zwei Gehstöcken, einem Lächeln und Hunderten Fragen, sah mehr als eine Überlebende, sah eine Siegerin..“

Ausgabe 2021 – Forum. Das Fachmagazin des Bundesarchivs

Erinnerungskulturen - Ein Gespräch

„Bei der Gedenkkultur stehen emotionale Aspekte, die Trauer, im Vordergrund. Erinnerungskultur ist hingegen vielmehr die Art und Weise, wie wir die Geschichte der deutschen Vergangenheit, hier in Bezug auf die Shoah und den Nationalsozialismus, im heutigen Diskurs vermitteln wollen, z.B. in Schulen, aber auch in der außerschulischen Bildung für Jugendliche und Erwachsene. Erinnerungskultur hat schon in sich eine politische Dimension.“

8.4.2021 – Bundeszentrale für politische Bildung

Postmigrantische Erinnerungskultur

„In der deutschen postmigrantischen Gesellschaft wird die Deutungshoheit über die NS-Vergangenheit neu verhandelt. Denn der Holocaust ist nicht mehr nur "Familiengeschichte", sondern auch ein prägendes Ereignis für Menschen, die keinerlei Familienbezug dazu haben. Und diese Menschen wollen aktiv in der Gestaltung der Erinnerungskultur mitwirken.“

8.4.2021 – Jüdische Allgemeine 

Jom Haschoa. 120 Sekunden Stillstand

„Selbstkritisch müssen wir feststellen, dass die zahlreichen Gedenkinitiativen und Spurensuchen nicht mehr ausreichen, um die Mehrheit der Bevölkerung zu erreichen – geschweige denn die jüngere Generation.“

7.4.2021 – taz

Keine Selbstidentifikation

„Empathie mit den Opfern des NS-Regimes ist gut. Bei Zeitzeug*innengesprächen kommt es aber oft zur Überidentifikation.“

1.4.2021 – Deutschlandfunk Kultur

Muss unser Gedenken globaler werden?

„Die Vorstellung, dass wir irgendwann in eine globale Erinnerungskultur kommen, wo alle Völker der Welt sich genauso drin finden, erachte ich persönlich als Illusion. Was aber nicht bedeutet, dass den anderen Erinnerungen, den anderen Narrativen kein Patz eingeräumt wird.“

22.3.2021 – Frankfurter Allgemeine

Wer sind die „Menschen mit Nazihintergrund“?

„In einer offenen Gesellschaft sollten sich Menschen nicht rassistisch oder antisemitisch äußern. Nicht, weil sie Angst vor negativen Folgen haben, sondern weil sie ehrlich davon überzeugt sind, dass es falsch ist.“

2021 – rpi loccum

Aus der Geschichte gelernt? Warum uns die Erinnerungskultur nicht vor Antisemitismus und Rechtsextremismus schützt?

Auch 1933 hielten es die meisten Bürger*innen für völlig undenkbar, dass nur wenige Jahre später die Jüd*innen nicht nur ihrer Rechte beraubt, sondern zur Tötung abtransportiert würden. Auch wenn kein zweiter Holocaust bevorsteht, sollen wir uns diese Frage erlauben: Was kann, was wird passieren, was wir heute noch für undenkbar halten?

9.11.2021 – taz

Es genügt nicht, defensiv zu sein

„Wenn rechter Geschichtsrevisionismus bekämpft werden soll, genügt es nicht, nur defensiv die alten Formen des Gedenkens zu verteidigen, so wichtig sie auch sind. Der Gehalt des Gedenkens muss sich auf die neuen Medien übertragen.“

5.10.2020 – Jüdische Allgemeine

Moralische Selbsterhöhung

„Die Forderung »Nie wieder« kann für Deutschland bedeuten, nie wieder in den Krieg zu ziehen: Nie wieder Täter sein. Israel kann mit »Nie wieder« die Notwendigkeit des Besitzes von Atomwaffen begründen: Nie wieder Opfer sein. Doch niemand hat das Monopol auf die Lehre von Auschwitz. Auschwitz war keine Schule.“

31.8.2020 – taz

Stolz auf militärische Stärke

„… Düsenjäger-Kitsch taugt nicht zur Hitlerbesiegung – und schon gar nicht zum Kampf gegen Antisemitismus. Der bleibt, leider, mühsame Kärrnerarbeit.“